20 Jahre Spezialausbildung am Bobath-Kurszentrum

Eine junge Patientin der Klinik für Kinderorthopädie am Marienstift Arnstadt

„Welche Fähigkeiten hat das Kind und wie kann ich die Fähigkeiten nutzen, um Defizite zu verbessern?“ Diese Fragen zählen zum Kern der Bobath-Therapie, mit der körperlich eingeschränkte Kinder und Erwachsene in ihrem Alltag mobiler werden sollen. Seit 20 Jahren werden am Bobath-Kurszentrum des Marienstifts Arnstadt Ärzte und Therapeuten ausgebildet, die sich die Möglichkeiten des Bobath-Konzepts für ihre Patienten zu eigen machen wollen. Nun hat der 14. Kurs begonnen.

„Die Idee hinter dem Bobathkonzept ist eine ganzheitliche Versorgung des Patienten unter Berücksichtigung aller Aspekte seines Alltages“, sagt Kursarzt und Kinderorthopäde Dr. med. Jens Raabe. „Damit dies gelingt, muss die Behandlung zielgerichtet sein, interdisziplinär, interprofessionell und mit realistischen Zielen.“ Dazu müssen die Fähigkeiten und eventuelle Defizite des Kindes genau analysiert werden im Kontext seiner Wünsche und Möglichkeiten. Dr. Raabe: „Im Idealfall merkt das Kind gar nicht, dass es ,therapiert‘ wird, sondern freut sich an den neuen Fähigkeiten.“

„Durch die starke Anbindung an die Klinik für Kinderorthopädie des Marienstifts Arnstadt, wo neuroorthopädische Fälle als Standard behandelt werden, können wir auf einen riesigen Erfahrungsschatz zurückgreifen“, sagt der Kursarzt. Kinder mit Geburtsschädigungen, kognitiven Entwicklungsstörungen und vor allem auch Kinder mit Cerebralparese, einer durch frühkindliche Hirnschädigung bedingte Entwicklungsstörung, können von dem Konzept profitieren. „Nicht nur der Patient, auch dessen Umfeld wird in die Therapie mit einbezogen“, erklärt der Oberarzt. „Wie kann ich Anreize bieten, um die Fähigkeiten des Kindes herauszukitzeln und zu verbesseren? Kann ich Alltagssituationen so nachgestalten und üben, dass sie im realen Leben leichter fallen?“ Zum Beispiel: „Spricht das Kleinkind auf Bälle an, nutzen wir diese, um seinen Blick, seine Bewegung zu lenken und es sozusagen nebenbei mit gezielten Übungen zu kräftigen.“ Anderes Beispiel: „Fährt ein Teenie gern Straßenbahn, stellen wir dies nach und üben dabei Treppe zu steigen. Was für ein Fortschritt, wenn das Kind merkt: Ich kann das!“

Individuelle und alltagsbezogene therapeutische Aktivitäten sprechen Kommunikation, Nahrungsaufnahme, Körperpflege und An- und Auskleiden genauso an wie Fortbewegung, Spiel und Beschäftigung – egal ob zu Hause, im Kindergarten, in der Schule, im Beruf oder in der Freizeit. Praktisch und praxisbezogen sind die Kurse des Bobath-Zentrums. Sie richten sich an Mediziner genauso an wie Physio- und Ergotherapeutinnen und –therapeuten. Die Methode, in den 1930er-Jahren aus der Heilgymnastik heraus entwickelt, setzt auch jetzt auf die Erfahrung der Kinderphysiotherapeuten des Marienstifts. „Bei vielen Patienten ist eine lebenslange Therapie notwendig, bei der auf sie abgestimmte Stimulatoren die individuelle Entwicklung fördern sollen.“

Die Teilnehmer absolvieren in fünf Blöcken 400 Unterrichtsstunden, lernen theoretisch und am praktischen Fall das Bobath-Konzept kennen und anzuwenden. Sie kommen nicht nur aus Thüringen, sondern aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Arnstadt gereist, um sich zum Bobath-Therapeuten, zur Bobath-Therapeutin ausbilden zu lassen. „Unser Vorteil hier: Die Kursinhalte spiegeln zugleich unseren gesamten Arbeitsalltag an der Fachklinik für Orthopädie des Marienstifts wider“, sagt Kinderorthopäde Dr. med. Jens Raabe, der mit zwei Lehrtherapeutinnen und wechselnden Praxisanleitern die Kurse durchführt. „Uns ist es wichtig, dass sich dieses hilfreiche Konzept weiter verbreitet“, sagt er. „Gerade betroffenen Kindern nützt eine frühzeitige Therapie ungemein, damit mögliche Defizite nicht zu groß werden. Im Gegenteil: Wir beobachten viele Kinder, die mit diesem Therapiebaustein unglaublich gut aufholen können.“

Weitere Informationen: https://www.marienstift-arnstadt.de/fachklinik-fuer-orthopaedie/kompetenzzentren/bobath-zentrum.html

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